Wie besichtigt man ein Haus in Zeiten von Corona.

Im Frühjahr 2021 sind wir nach langem Suchen endlich fündig geworden. Aber an einen Termin für eine Besichtigung zu kommen, sollte sich als schwierig herausstellen.

Bereits im Herbst 2020 hatten wir einige Objekte rund um Karlovasi besichtigt. Sie fielen aber alle unseren vier Auswahl-Kriterien zum Opfer. Einige davon wurden später durch das große Beben vom 30. Oktober 2020 in Mitleidenschaft gezogen. Wir scannten fast täglich die Online-Portfolios der Makler. Es war frustrierend. Den angebotenen Bestand kannten wir schon in- und auswendig und wenn dann mal etwas Neues kam, passte es nicht zu unseren Filtern, war zu abgelegen oder im lärmenden Zentrum. 
 
Wir waren drauf und dran, das Projekt aufzugeben, als ich an einem trüben Freitagnachmittag im Januar auf ein neues Angebot stieß. Ich saß im Arbeitszimmer am Rechner und meine Frau  am iPad in der Küche. Ich rief ihr zu, dass ich auf ein interessantes Objekt gestoßen sei und ihr den Link gleich maile. Ich hörte nur ein undefiniertes Gebrummel aus der Küche und schickte den Link trotzdem los. Ein paar Sekunden später hörte ich das helle Pling, das am iPad auf eine eingehende Mail aufmerksam macht. Dann war es still. Es war lange still. Dann hörte ich ein lang gezogenes "Joaaa" und machte mich auf in die Küche.

Es war immer noch ein trüber Freitagnachmittag im Januar. Aber unsere Mienen erhellten sich und Hoffnung keimte auf. Wir waren auf etwas gestoßen, das zu uns passen könnte. Und wir waren beide einer Meinung. Auf der Website von https://www.samoshome.gr wurde ein Objekt in Paleo Karlovasi angeboten, das zumindest drei unserer Kriterien erfüllte: Es lag verkehrsberuhigt, der Hafen und Meseo Karlovasi waren fußläufig zu erreichen. Die Bausubstanz sah zumindest auf den Fotos gut aus. Wir kannten das Haus in der Agios Triados und sind schon daran vorbei geschlendert. Von der Gasse aus macht es einen unspektakulären Eindruck. Eine Eingangstür, links und rechts je ein Fenster. Nun sahen wir erst durch die Fotos auf der Makler-Seite, wie charmant sich das Haus nach hinten in die Landschaft entwickelt. Vom Flur gingen links und rechts je zwei Räume ab, bevor er auf einem langen Balkon stieß, mit einem fantastischen Blick in die Landschaft über Karlovasi und auf das Meer. Die Aufteilung der Räume war praktisch - eine Küche, ein Wohn- und zwei Schlafzimmer. Der Sanitärbereich war rechts an das alte Steinhaus angebaut. Trotzdem verwirrten uns die Fotos. Das Online-Exposé bot natürlich keine Grundrisse an. Irgendwie passte das alles nicht so recht zusammen, bis wir endlich begriffen, dass das Haus noch eine untere Ebene zu einer rückseitigen Gasse hatte. Die beiden Ebenen waren nicht verbunden. Man sah aber unten eine alte Holztreppe, die nach oben führte und die beiden Ebenen einmal verbunden hatte. Und dann war da noch etwas, mit dem wir nicht gerechnet hatten. Zudem Objekt gehörten noch mehrere gut gepflegte Terrassen mit Orangen- und Obstbäumen, die sich auf der Rückseite des Hauses nach unten erstreckten. Wir gestehen: Es war so etwas wie Liebe auf den ersten Blick. 

Wir hatten einige Nächte darüber geschlafen und uns immer wieder das Exposé angeschaut. An unserer Einstellung hatte sich nichts geändert. Wir machten bereits Pläne. Natürlich müssten der obere Wohn- und der untere Bereich miteinander verbunden werden - wie früher. Sodass man über eine Treppe einen Zugang zur hinteren Gasse und die Natur hätte. Zudem wäre dieses Basement ideal zum Arbeiten, es wäre geeignet für ein kühles und ruhiges Atelier.
Auch der Saloni, das Wohnzimmer, von dem auch das Badezimmer abging, könnte man mittels eines Wanddurchbruchs zur Küche öffnen, um eine großzügigere Situation zu schaffen. Könnte.

Wir wollten sofort runter und besichtigen. Aber es war mittlerweile Februar im tiefsten Corona-Winter. Es gab keine Flüge, nur Verbote und Risikogebiete. Griechenland machte die Grenzen dicht und war in einem harten Lockdown. Das öffentliche Leben ruhte. Wir konnten immerhin telefonieren und mailen. Wir baten eine gute Freundin aus Karlovasi das Objekt in Augenschein zu nehmen. Sie war zunächst skeptisch gegenüber Paleo - sie mochte den Ortsteil von Karlovasi und deren Bewohner nicht sonderlich. Immerhin tat sie uns den Gefallen und wir arrangierten mit der Maklerin Evdokia Malanou einen Besichtigungstermin.

Es ging dann eine kleine Weile ins Land, bis sich unsere Freundin wieder meldete. Sie war vom Zustand des Objekts und den hübschen Terrassen für ihre Verhältnisse gerade zu begeistert. Sie hatte mit ihrem Handy viele Fotos gemacht, die im Wesentlichen den der Makler-Website entsprachen. 

Nun waren wir am Zug. Wir buchten den erstmöglichen Condorflug am 4. Mai via Hamburg nach Samos und vereinbarten mit Evdokia den ersten Besichtigungstermin am 5. Mai um 10 Uhr Vorort in Paleo. Die Sache war geritzt. Dachten wir und buchten unser Studio in Potami und den Mietwagen natürlich bei YES. In der Karwoche erreichte uns eine Mail von Condor. Der Flug am 4. Mai war um 14 Tage auf den 18. Mai verschoben worden. "Aus Gründen der Pandemie und zu Ihrer eigenen Sicherheit". Ärgerlich. Besichtigungstermin umlegen, das Studio und den Mietwagen umbuchen. 
Dann kam Anfang Mai wieder eine Mail von Condor, in der man uns mitteilte, dass man uns nun auf den 8. Juni via Frankfurt nach Samos umgebucht hatte. Condor war nicht mehr zu trauen. Fortan beobachteten wir die Flug- bzw. die Nicht-Flugbewegungen der Airline. Und tatsächlich verschwand der Frankfurt-Samos-Verbindung in der Woche vor dem Abflug vom Condor-Flugplan. Durch unsere Flugbeobachtungen via Internet wussten wir, das es eine stabile Verbindung mit der niederländischen Transavia ab dem Amsterdamer Airport Schiphol gab. Sofort haben wir umgeschaltet und Transavia vom 07.06. bis 14.06. gebucht. Nun war eine Woche Samos geritzt. Paleo wir kommen!

Fotos: Walter Schoendorf - Samos 2022