Die erste frische Frucht des Jahres
Bei unserem täglichen Balkonschwatz mit unserer Nachbarin "Maria zur Rechten" - es gibt auch eine "zur Linken" - werden meist Neuigkeiten aus dem tagesaktuellen Dorffunk ausgetauscht, aber auch der kleine Warenverkehr floriert. Heute überreichte uns Maria z. R. eine Plastiktüte mit gelben Früchten, die noch mit kleinen Ästen und dunkelgrünen Blättern verwachsen waren. Sozusagen frisch vom Baum.
Mούσμουλα, vom türkischen Musmula, nennt man hier in der Ostägäis die Japanische Wollmispel (Eriobotrya japonica), die in allen Mittelmeerländern verbreitet ist. Der Strauch ist sehr beliebt, weil die Mούσμουλα die erste Frucht des Jahres ist. Die gelborangen, eigroßen Früchte schmecken am besten frisch. Reife Früchte haben ein erfrischendes süßsäuerliches Aroma und erinnern im Geschmack an Äpfel und Aprikosen. Reife Früchte erkennt man an kleinen braunen Flecken auf der Schale. Unsere Nachbarin z. L. verarbeitet sie zu Marmelade, während Maria zur Rechten mehr an den dunkelgrünen Blättern mit den kurzen Stielen interessiert ist. Sie kocht sich daraus ihren "Σιρόπι βήχα", einen bittergrünen Hustensaft.
Tatsächlich wird im asiatischen Raum, wo die Pflanze ihren Ursprung hat, der Tee aus den lederigen Blättern als ein wichtiges Heilmittel bei Husten und Bronchitis verwendet. Die Mistel, die eigentlich keine Mistel ist, sondern zur Familie der Rosengewächse gehört, verfügt über ungeahnte Heilkräfte, sie ist nahezu eine medizinische Wunderfrucht. Sie hat unter anderem eine durchspülende Wirkung auf die Harnorgane. Die aromatischen Triterpene(was, immer das ist) in der Mούσμουλα werden antidiabetischen Eigenschaften nachgesagt.
Untersuchungen an der Universität von Neapel sollen ergeben haben, dass Extrakte bei diabetischen Mäusen den Zuckergehalt im Urin verringern. Eine Studie in Mexiko zeigt, dass die antidiabetische Wirkung der Wollmispel auch bei Menschen funktionieren soll.
Die Früchte der Wollmispel helfen auch bei Durchfallerkrankungen. Sie wirken zusammenziehend (adstringierend) und normalisieren dadurch die Darmpassage. Nach einer infektiösen Durchfallerkrankung sind sie ein ideales natürliches Nahrungsmittel, weil sie Wasser liefern und die Mineralstoffe ersetzen. Den gelben Früchten wird auch eine harntreibende Wirkung nachgesagt, die eine Ausscheidung von Ablagerungen in den Harnwegen unterstützt und wird deshalb auch gerne bei Gicht und Nierensteinen angewendet.
Heute Morgen hatte ich noch keinen blassen Schimmer, welche medizinischen Kostbarkeiten mir über das Balkongeländer gereicht wurden. Mittlerweile habe ich fast alle Früchte verputzt und warte auf Spontanheilung. Ein wenig japanisch ist mir schon zumute.