Wie man Μπάμιες zubereitet und Katzenbabys satt bekommt.
Das Licht wird weicher, milchiger und die Tage kürzer. In der Ferne heulen Motorsägen jammernd durch Buschwerk, Olivenhaine und Weinberge. Das Echo vereinzelter Schüsse einiger unverbesserlicher Jäger verfangen sich an den Hängen des Kerkis. Es ist Herbst.
Ein Pick-up hat eine Ladung Olivenholz vor das Nachbarhaus gekippt. Holzscheide versperren kurzfristig den Zugang zur unteren Gasse, sodass Georgios seine liebe Not hat, mit seinem Moped hindurch zu kommen.
Einmal die Woche beliefert der Rentner-Bauer aus der Gegend um den Profiti Ilias unsere Nachbarin Maria zur Rechten mit frischen Produkten aus seinen Feldern und Gärten. Und mittlerweile gehören auch wir zur erlesenen Kundschaft.
Seine Auswahl ist bescheiden, aber immer frisch und liebevoll vorsortiert. Heute hat er für uns eine Tüte Μπάμιες - Okraschoten. Das Bund Petersilie gibt es gratis dazu.
Die kleinen grünen Finger stehen nicht sehr weit oben auf unserer Einkaufsliste. Mein kulinarisches Langzeitgedächtnis erinnert sich nur mit Widerwillen an Gerichte mit diesen schleimigen Schoten. Mit einem leichten Zögern nehme ich den Plastikbeutel entgegen. Das Bäuerlein stutz und Maria beginnt laut und herzlich zu lachen. „Η κυρία Μαρία μπορεί να σας δείξει πώς να μαγειρεύετε μπάμιες.“ Die Nachbarin soll mir zeigen, wie man das Zeug richtig zubereitet, meint Georgios, stülpt sich den Helm über die Mütze und knattert davon.
Auf einmal sind sie da. Pelzige Minikobolde mit blanken Knopfaugen wackeln ungelenk über die Agios Triada. Autos und Mopeds hupen oder müssen anhalten, wenn die fünf kleinen Kätzchen hinter ihrer Mutter und einer „Tante“ durch die Gasse zockeln.
Es gibt viele Katzen im Dorf, die wenigsten haben Besitzer. Sie leben in ortsgebundenen Rudeln in einer Art halbwilden Parallelgesellschaft zum Dorf. Katzen sind opportunistische Konsumfolger. Sie docken dort an, wo ab und an etwas abfällt und die Zweibeiner ihnen wohl gesonnen sind.
Und wem, bitte schön, geht bei diesen putzigen Pelzzwergen nicht das Herz auf. Zusammen mit unserer Nachbarin Athiná füttern wir das kleine Rudel in einer geschützten Nische unterhalb von Agios Nikolaos.
Der Schutz war nur bedingt. Katzen kann man nicht anbinden, Katzenbabys schon gar nicht. Ausgerechnet den Stärkste im Rudel hat es auf einer seiner Ausflüge erwischt. Er hatte anscheinend Gift gefressen und sich noch mühevoll zum Rudel zurück geschleppt, wo er elendig verendete. Wir konnten ihm nicht mehr helfen. Leider. Dafür haben wir uns um seine kleine Schwester der Schwächsten im Rudel gekümmert. Mit einem entzündeten Auge hatte sie sich schon apathisch abgesondert und kam auch beim Fressen und Spielen zu kurz. Wir machten ein Foto von dem matschigen Auge und zeigten es einem Tierarzt in Neo Karlovasi. Der wusste Rat und verschrieb eine Salbe, die wir dem kleinen Kätzchen zweimal pro Tag ins Auge reiben sollten. Das ließ sich die Kleine erstaunlich gut gefallen und schon nach einer Woche besserte sich ihr Zustand - nicht aber das Auge, das blieb verkümmert. Nun gedeiht sie als einäugige Banditin und bekommt viele Extra-Streicheleinheiten.
Katzenkinder sind natürlich nicht dumm. Schnell haben sie herausgefunden, wo ihre Dosenöffner und Augenpflegerinnen tatsächlich wohnen und bevölkern kurzer Hand unsere Blumentöpfe in der Gasse. Sind wir nicht zu Hause, wandern sie zu Athiná oder zu dem Tavernenwirt Dimitris auf die große Platia und wieder unter glockenhellem Gemaunze zurück in unsere Blumentöpfe.
Es ist durchaus eine kleine Herausforderung die kleinen Racker satt zu bekommen. Das mit der Futterstelle scheint sich schnell herumgesprochen zu haben - zumindest bis zu den beiden dicken Katern, die nun dort ständig herum lungern. Nun ist auch noch betreutes Füttern angesagt.
Aber auch das geht auf die Dauer ins Geld, zumindest wenn der Nachschub über den Supermarkt gedeckt werden muss. Athiná verfüttert meist Essensreste. Da ihr Mann Fischer ist, fällt da auch ordentlich was ab. Wenn aber der Nordwind bläst, gibt es mehrere Tage nur Spaghetti mit Tomatensoße. Auch für die Katzen. Wir würden doch so oft Essen gehen, meinte sie. Wir sollten uns doch die Reste einpacken lassen. Das würden hier alle so machen, die Tiere zu versorgen haben.
Wir kamen uns anfänglich etwas komisch vor, wenn wir das Anliegen vortrugen. „Μικρές γατούλες“. Ah, kleine Katzen - aber gerne! Oft kommen dann auch die Reste von freundlichen Nachbartischen dazu. Jede Taverne oder Restaurant hat feste Abnehmer für die Reste aus der Küche. Donnerstags holt sich bei Theodoris ein Bauer aus Kontakaika säckeweise altes Brot ab, mit dem er seine Eselin versorgt. Die habe im September ein Junges bekommen, verkündet er stolz. Sofort fliegt wie von Zauberhand frisches Brot von den Tischen in den schwarzen Müllsack. Die Kleine würde doch noch gesäugt, lacht der Bauer erfreut und wirft die Säcke schwungvoll auf die Ladefläche seines Pick-ups.
Der Trick mit den Okraschoten ist einfach. Die grünen Schoten enthalten einen wasserlöslichen Schleimstoff aus ganz langen Ketten von Kohlehydraten.
Damit das Zeug in der Schote bleibt und nicht im Kochtopf ausläuft, darf man beim Putzen den Stiel nur so weit abschneiden, dass die Membrane der Schote unverletzt bleibt.
Die so behandelten Früchte beträufelt man mit reichlich Salz und Essig und stellt die Schale so lange in die Sonne, bis die Salz-Essig-Lauge feine Fäden bildet.
Nun spült man die Lauge unter klarem Wasser ab und kann die Schoten zu einem schleimfreien und leckeren Gericht weiterverarbeiten.
Wir haben uns für den Klassiker entschieden. Okraschoten in Paprika-Tomatensoße nach einem Rezept von unserer Nachbarin Maria zur Rechten.
Neben den schon vorbereiten Okras benötigen wir eine große Zwiebel, am besten eine Kolbenzwiebel aus Koumeika, einige Knoblauchzehen, grüne Paprika, reife Tomaten, etwas Tomatenmark und etwas Feta.
Die Zwiebel wird mit etwas Öl in der Pfanne bei mittlerer Hitze glasig gedünstet, bevor wir klein geschnittene Paprika- und Tomatenstücke dazu geben. Deckel drauf und ab und an etwas Wasser zugeben. Sobald die Konsistenz der Tomaten breiig wird, den feingehackten Knoblauch und einen Esslöffel Tomatenmark zugeben. Wir nehmen das Gute vom Hofladen von Astrid und Kostas Filippis.
Bei moderater Hitze lassen wir das Ganze noch etwas köcheln. Wir salzen und pfeffern die gewaschenen Okraschoten und vermengen sie mit dem Tomaten-Paprika-Sud. Darauf zerbröseln wir ein Stück Feta und geben noch einen Schuss Olivenöl dazu. Den Deckel drauf und eine viertel Stunde köcheln lassen. Die Hitze wegnehmen und nach einem weiteren Glas Wein sind die Μπάμιες servierbereit.